Gegen die Leistung wirtschaften!

Wieder und wieder wird dieser Tage heruntergebetet, dass die unsrige Leistungsgesellschaft eben mehr leisten muss, es Wachstum braucht. Das ist falsch.

Stellen Sie sich einen Baum vor. Am Anfang ist er in zartes Pflänzchen, wird größer, verästelt immer mehr und irgendwann, wenn es eine entsprechende Art ist, ist der Baum riesig. In, auf und unter ihm herrscht leben, es ist quasi ein ganzes Ökosystem, dass sich da rund um den Baum herausbildet. Vielleicht nicht mehr in unseren beforsteten Buchenwäldern, aber dort, wo ich den Kakao für die Schokolade kaufe. Aber zu diesen Bäumen muss man einiges sagen. Denn sie wachsen bekanntlich nicht in den Himmel, den Weltraum und bis zum Mars. Irgendwann ist Schluss mit dem Wachstum. Und: Es fehlt nicht viel und der Baum ist weg. Eine Überschwemmung, ein Erdrutsch, ein Blitzschlag und das war's.

Und genau so verhält es sich mit unserer Wirtschaft. Gerade jetzt wird zu Konsum aufgerufen, aber vielleicht sollte man sich viel mehr der Frage stellen, wie ein sinnvolles Wirtschaften im 21. Jahrhundert aussehen kann. Denn wohin führt uns denn diese Konsumgesellschaft? Irgendwann gehören die wichtigsten Unternehmen einer Hand voll Superreicher, die dann unser Leben bestimmen und so nebenbei jeden Steuertrick in der Tasche haben. Ist das der Sinn? Wann in der Geschichte hat eine lange Machtkonzentration denn jemals nachhaltig funktioniert? Nie!

In Wahrheit sind es doch die vielen kleinen, ganz kleinen und mittelständischen Unternehmen, die dieses Land und viele andere auch am Leben erhalten, nicht die Superkonzerne mit Unternehmenssitz in New York, London, Frankfurt oder Tokio und Postkasten in der Karibik. Diese unzähligen kleinen und mittelständischen Betriebe haben meist eines gemeinsam: Sie wollen wenn gesund wachsen und eine passable Größe erreichen oder eben nicht. Wenn ich 15 oder 150 Mitarbeiter habe und die Menschen mit einem Hungerlohn abspeise, während ich einen teuren Sportwagen fahre und Fotos aus St. Tropez poste, dann werden meine Angestellten wohl bald dezent unrund werden. Wenn ich in der Konzernzentrale irgendwo hocke und in einem Riesenhaus mit Security wohne, kenne ich die Menschen an der Werkbank nicht einmal.

Und wir sehen ja gerade in der Corona-Krise, wie sich die Unternehmen verhalten, die ganz großen. Mitarbeiter kündigen, Standorte schließen. Das machen die KMUs nicht so schnell  Warum? Weil ihnen bewusst ist, dass Wachstum eben begrenzt ist. Und jeder jeden kennt.

Josef Zotter

Über: Josef Zotter

Chocolatier, Bio-Landwirt und Andersmacher. Josef Zotter ist gelernter Koch und Kellner, Konditormeister, war längere Zeit Koch und Küchenchef in verschiedenen Hotels der Luxusklasse unter anderem auch in New York. Josef Zotter ist verheiratet mit Ulrike Zotter und Vater von drei Kindern.

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