03.06.2015
Josef Zotter im dreiseitigen Wiener-Zeitung-Interview mit Piotr Dobrowolski
Der steirische Chocolatier Josef Zotter wehrt sich gegen den Vorwurf, im Geist ein Amerikaner zu sein, erklärt, warum er nicht im Ausland produzieren will, und denkt über eine Protest-Schokolade nach.
"Wiener Zeitung": Herr Zotter, ich habe einen Verdacht: Sie sind gar kein Steirer.
Josef Zotter: Wie kommen Sie jetzt auf die Idee? Ich meine, wenn in meinem Leben etwas einwandfrei gesichert ist, dann das. Ich bin ein waschechter Steirer aus Feldbach. Viel steirischer geht’s nimmer.
Ja, vielleicht, was die Geburt betrifft. Aber so wie Sie hier Ihre Schokoladenfabrik aufziehen, das Schokoladentheater, den essbaren Tiergarten, das ist ja voll amerikanisch. Schlimmer als Apple, wenn gerade das neue iPhone präsentiert wird. Alles durchgestylt, alles durchdacht. Ich war vor Kurzem mit Leuten aus den USA bei Ihnen. Und die haben gesagt: Fantastisch, perfektes Marketing, wie Steve Jobs.
Uii, das tut mir jetzt aber richtig weh. Mir wird das ja dauernd in die Schuhe geschoben, dass ich ein Marketinggenie bin. Ich war erst kürzlich bei einer Veranstaltung, da hat so ein PR-Mensch zu mir gesagt: Herr Zotter, was Sie da machen, das ist genial. Wer berät Sie da? Was für eine Agentur haben Sie denn? Ich habe aber gar keine Agentur. Und ich mache auch kein Marketing, sondern Schokolade. Das ist alles. Ich muss mein Produkt nicht besser machen als es ist, aber schlechter auch nicht. Auch mit dem essbaren Tiergarten, dem Zotter-Eis, dem Bio-Gulasch, das ich in Dosen abfüllen will, ist es so. Wenn ich Schuster wäre, würde ich auch sagen: Ich will einfach gute Schuhe machen, fertig - nicht einmal die besten. Wenn das amerikanisch ist, meinetwegen.