Josef Zotter erzählt im Interview mit Jens Mecklenburgs "Nordische Esskultur" über seine Faszination für Schokolade und den Stellenwert von Qualität und Kreativität.
Josef Zotter zählt mit rund 500 Schokoladensorten zu den innovativsten Chocolatiers der Welt. Er ist europaweit einer der wenigen unabhängigen Bean-to-Bar-Produzenten, der ausschließlich in Bio- und Fair-Qualität produziert. Seine Kreationen wurden bei den „Academy of Chocolate Awards“ in London mehrfach von einer internationalen Fachjury ausgezeichnet.
Nordische Esskultur: Wie sind Sie auf Schokolade gekommen?
Josef Zotter: Ich habe meine Lehrjahre hier in der Oststeiermark in der Küche als Koch/Kellner absolviert und so meine ersten Erfahrungen in der Gastronomie gemacht. Später habe ich die Liebe zur Patisserie gefunden und nochmal eine Lehre als Konditor gemacht. Schokolade hat mich schon früh fasziniert. Ich habe nach den Wanderjahren in der Top-Gastronomie mit meiner Frau ein Kaffeehaus eröffnet und bereits dort die handgeschöpfte Schokolade erfunden. Es war eigentlich eine Notlösung. Ein Kunde hat 500 Tafeln Schokolade bestellt und wir hatten nicht genug Gussformen. So habe ich auf einem Tapeziertisch Kürbiskernnougat aufgestrichen und mit gerösteten Kernen und Gewürzen verfeinert – dann in Tafeln geschnitten und in Schokolade getunkt. Das ist inzwischen 34 Jahre her – und der Beginn einer Erfolgsgeschichte. Inzwischen haben wir über 1.500 Rezepturen entwickelt und ca 130 Sorten in dieser Produktlinie im Sortiment. Nach meiner Insolvenz in den späten 90er Jahren habe ich die Kaffeehäuser geschlossen und mich nur noch der Schokolade gewidmet.
Was fasziniert Sie an ihr?
Als wir in den 90er Jahren begonnen haben Schokolade herzustellen, war der Markt sehr überschaubar. Es gab kaum gute Qualität und Vielfalt. Dunkle, Weiße und Milchschokolade deckten das Angebot ab. Ich habe versucht den Grund dafür zu erkunden und bin nach Nicaragua gereist, in ein Kakaoanbauland. Es war mir wichtig mit den Menschen hinter den Rohstoffen in Kontakt zu treten, ihre Herangehensweise kennenzulernen und ihnen unseren Qualitätsanspruch zu erklären. Viele Kakaobauern haben noch nie Schokolade gegessen, aber sie sind der Ursprung für gute Qualität. Durch einen fairen Preis und regelmäßigen Austausch wurde die Qualität immer besser und so wurden wir 2004 Partner des fairen Handels und 2007 stellten wir den gesamten Produktionsbetrieb auf Bio um und eröffneten das Bean-to-Bar-Werk und legten den Grundstein für die Erlebniswelt. Die Investition war enorm, aber wir profitieren noch heute von diesem Schritt und haben uns in der Produktionstechnik immer weiter verbessert und experimentelle Wagnisse umgesetzt. Als Bean-to-Bar-Hersteller können wir an allen Stellschrauben der Produktionskette drehen – angefangen von der Qualität der Rohstoffe, über Conchierzeiten bis zur Rezeptentwicklung. Wir können Schokolade immer wieder neu erfinden – mit Fruchtnoten, mit Zuckeralternativen oder vegane Kreationen – es gibt keine Grenzen.
Was macht gute Tafelschokolade aus?
Das wichtigste sind Kakaobohnen in erstklassiger Qualität. Der Kakaobauer muss sauber/biologisch arbeiten, die Fermentation muss unter optimalen Bedingungen erfolgen und natürlich muss der Erntezeitpunkt stimmen. Dann können aus guten Bio-Kakaobohnen auch gute Schokoladen produziert werden. Wenn die Kakaobohnen schimmlig oder im Geschmack nicht ausgereift sind, kann daraus keine gute Schokolade entstehen, der Rohstoff ist entscheidend.
Was ist für den Geschmack ausschlaggebend?
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