Hört mir auf mit der Selbstverantwortung

Immer, wenn der laue Lockdown verlängert wird, fällt das Wort Eigenverantwortung. Ich kann das schon nicht mehr hören.
 
Wenn ich mir beim Sport den Fuß breche, dann weiß ich: Selber schuld.  Aber bei einer Pandemie kann man nicht sagen, ich übernehme Verantwortung, außer man sperrt sich ein. Da müssen fixe Regeln her, beispielsweise konzertierte Testphasen, die verpflichtend sind. Man kann von China halten was man will, aber das machen sie einfach besser schneller und sicherer. Aber es muss nicht immer China sein:
 
Ich erzähle Ihnen einmal was. In Madagaskar kämpft man immer noch mit der Pest. Ja, der Pest, Sie kennen diese aus den Geschichtsbüchern, schwarzer Tod und so. Was geschieht, wenn die Pest ausbricht – und das habe ich selbst erlebt: Testen …Abschottung, Quarantäne, behandeln so gut wie geht. Viele Länder außerhalb Europas, sei es in Afrika oder Asien, haben schlicht mehr Erfahrung mit dem Eindämmen von hoch infektiösen Krankheitserregern. Gut, die Bevölkerung in Europa ist im Schnitt älter, da sind derartige Viren gleich tödlicher, aber man weiß eben, was man tut. Und das einzige was hilft ist Testen , Abschottung, Quarantäne, harter Lockdown. Zack und aus. Am Anfang hatten wir die Tests nicht, jetzt aber schon. "Koste es was es wolle" wäre genau in diesem Punkt angebracht.
 
Mit dem Eigenverantwortungsschmäh drückt man sich als Politiker ja auch gut. Und da frage ich mich: Warum managen nicht die virologischen Vier oder mittlerweile Fünf diese Krise? Ist das eine politische Sache, ob das Virus jetzt herumwandert in mehreren Mutationen? Nein. Ich kenne viele Länder in Afrika, da sind Gesundheitsbehörde und Politik einfach getrennt. Ich mein, ist der Gedanke nicht absurd, es gebe eine christlich-soziale, eine sozial-demokratische, eine liberale oder eine grüne Pandemieantwort?
 
Ein kleines Beispiel: Seit 8. Februar kann man getestet Haare schneiden. Aber ungetestet im Supermarkt herumhusten, zwar mit FFP2-Maske, aber dennoch. Das ist wieder so eine halbgare Lösung, finde ich. Ich bin mir sicher, eine komplett unabhängige Gesundheitsbehörde würde sagen: So und so machen wir das. Und nicht überlegen, ob das jetzt bei dieser oder jener Wählergruppe besonders gut ankommt oder nicht.
 
Es ist eben eine Grundsatzfrage des Demokratieverständnisses: Welche Bereiche soll der Staat regeln, wo kann ich nach dieser oder jener Couleur eingreifen oder nicht. Noch ein Beispiel zur Veranschaulichung: Bildung ist Staatsaufgabe, da gibt es Konsens. Die Roten sagen Gesamtschule, die Schwarzen eben Gymnasium und Neue Mittelschule. Bitte, da kann ich verhandeln und sagen, dass das zwei Richtungen sind, über die das Volk abstimmt.
 
Aber bei einem Virus geht das nicht. Punkt.