Ist regional wirklich regional?

Wir können nicht die billigsten sein, niemand, weder in Österreich, noch in Deutschland. Die Vorgänge rund um Leiharbeiter zeigen das.

In Österreich muss sogar das Bundesheer anrücken, um der Post unter die Arme zu greifen, damit wir unsere Packerl bekommen, in Deutschland gibt es Corona-Cluster in der Fleischindustrie. Warum? Weil sie auf Leiharbeiter setzen, die oft unter unmenschlichen Wohnverhältnissen zusammenleben müssen.  In Österreich rückt jetzt das Heer an, weil - das weiß ich auch nicht. Vielleicht ist es zu teuer, einheimische Arbeitskräfte anzustellen. Von denen gibt es wegen Corona aber genug. Vielleicht dämmert es uns nach all den Jahren der Diskussionen um prekäre Arbeit, Gammelfleisch und Co. „dank“ Corona: So geht das nicht weiter. Regional heißt allumfassend. Wenn beispielsweise das Schnitzerl zwar regional ist, aber die Arbeitsbedingungen so mies, dass man billigere Arbeitskräfte holen muss, damit wir es schön billig haben, ist das dann dieses Regional? 

Da muss ich ganz ehrlich sagen: Wer Regionalität haben will, muss sich auch darauf einstellen, dass die – vor allem bei uns in Österreich – hohen Lohn- und sonstige Kosten mit gepreist werden. Das ist dann nun einmal so und sollte auch nicht mit Billigleiharbeitern gehen. Das ist ja im Grunde moderne Sklaverei. Jetzt wird man sagen: Aber Zotter, dann wird das Schnitzel teurer! Und ich sag: Ja. Ist so.

Jetzt, wo alles wieder langsam aufmacht, wir zu schätzen lernen, was beispielsweise die Gastronomie für eine Bedeutung hat, muss man sich eben vergegenwärtigen: Das große Bier würde mit Sicherheit viel mehr kosten, das Schnitzel ebenfalls, wenn man wirklich regional denkt. Da denke ich wieder ans Genießen, weil es ja doch teuer ist! Lieber punktueller wo hingehen und konsumieren. Weil, das zeigen uns die Leiharbeiterskandale, so wie es war, geht es nicht mehr.

Denn eines ist klar: Nur weil etwas hier produziert wird, heißt das nicht, dass es fair produziert ist. Und wenn etwas billig ist, dann muss man sich eben auch fragen, warum es billig ist, selbst wenn „regional“ drauf steht.

Josef Zotter

Über: Josef Zotter

Chocolatier, Bio-Landwirt und Andersmacher. Josef Zotter ist gelernter Koch und Kellner, Konditormeister, war längere Zeit Koch und Küchenchef in verschiedenen Hotels der Luxusklasse unter anderem auch in New York. Josef Zotter ist verheiratet mit Ulrike Zotter und Vater von drei Kindern.

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