Mehr Handwerk, das wäre es!

Bildung ist der Schlüssel zum Wohlstand, so heißt es. Aber ich denke, dass wir darüber hinaus den Wert der Facharbeit und des Handwerks nicht vergessen sollten. Aus mehreren Gründen.
 
Wer es sich leisten kann, der schickt seine Kinder auf eine höhere Schule, damit sie studieren. Das kann ich sehr gut nachvollziehen. Das betrifft vor allem die Kids aus sogenanntem „Guten Hause“. Die wollen dann – Stichwort Work-Life-Balance – nicht mehr Vollzeit arbeiten. Das müssen sie auch nicht, Mama und Papa haben vorgesorgt und es gibt da dann die eine oder andere Wohnung, das eine oder andere Konto. Schön für die „Betroffenen“, schlecht für den Rest. Weil wenn hochbezahlte Menschen nicht mehr Vollzeit arbeiten (müssen und wollen, ich verstehe es ja irgendwie), dann zahlen sie auch weniger Abgaben. Die Arbeitgeber freut's, für 30 Stunden fallen ja auch weniger Lohnnebenkosten an. Aus vielen Untersuchungen weiß man, dass die Leute auch ähnlich produktiv sind.
 
Kein Wunder, dass in dieser Traumwelt von Work-Life-Balance, Netflix and Chill und viel Tagesfreizeit ein Bild entsteht, in dem niemand mehr mit den Händen arbeiten wird wollen. Denn viele dieser Jobs, wie etwa Installateur oder Servicekräfte, funktionieren eben mit Anwesenheit. Die Arbeitskräfte an der Supermarktkasse können ja schwer im Home-Office arbeiten.
 
Noch dazu werden Fachkräfte ohne Uniabschluss oftmals auch schlecht bezahlt. Auch nicht unlogisch, wenn monatlich bei denen, die diese Dienstleistungen in Anspruch nehmen, halt nicht 40, sondern 30 Stunden bezahlt werden. Was ich mir vorstelle: Es muss sich auszahlen zu arbeiten, es muss genug Arbeit geschaffen werden. Was hilft es, wenn wir immer raunzen, dass wir so wenige Facharbeiter haben, sie aber nicht ordentlich zahlen, wenn wir schon laut über Hartz IV in Österreich nachdenken, wenn es einfach nicht genug Jobs gibt?
 
Wir müssen endlich dorthin kommen, wo jede Arbeit, von der Reinigungskraft bis zur Juristerei und Co., gleich angesehen und angemessen bezahlt ist. Dann ist es nämlich so, dass sich auch Handwerk wieder auszahlt und Work-Life-Balance nicht nur etwas für die ist, die eh schon haben und denen noch mehr gegeben wird.

Josef Zotter

Über: Josef Zotter

Chocolatier, Bio-Landwirt und Andersmacher. Josef Zotter ist gelernter Koch und Kellner, Konditormeister, war längere Zeit Koch und Küchenchef in verschiedenen Hotels der Luxusklasse unter anderem auch in New York. Josef Zotter ist verheiratet mit Ulrike Zotter und Vater von drei Kindern.

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