"Mit dem richtigen Riecher" - Julia Zotter im 5komma5sinne-Interview

Julia Zotter spricht im 5komma5sinne-Interview über ihren Berufswunsch als Kind, die Zusammenarbeit mit ihren Eltern und Geschwistern im gemeinsamen Familienunternehmen und ihre Zeit in China. Erschienen im Oktober 2024. Text: Ulrich Dunst / Fotos: René Strasser

In dieser Familie werden viele Ideen durch den Kakao gezogen. Julia Zotter über die Schokoladenseiten ihres Berufs und Schattenseiten des Fleischgenusses. Ein Gespräch über Träume, Astronautinnen, und warum die hierzulande unbeliebte Grammel-Schoko den Startschuss für die Zotter Schoko- und Tierwelt in Riegersburg gab.

5komma5sinne:Julia, dich als Tochter des bekanntesten Chocolatiers des Landes zu bezeichnen, ist eigentlich eine Beleidigung deiner bisherigen Vita. Welchen Job hast du im Zotter-Universum inne?

Julia Zotter: Soll ich jetzt sagen: Tochter? (lacht) Wir sind ein Familienunternehmen und ich glaube, mein Bruder und ich sind wohl am längsten im Unternehmen dabei. Weil wir ja als Kinder schon mitgemacht haben.

Die Eltern haben eine Schokoladenfabrik. Für Kinder das Paradies?

Wir haben es supercool gefunden, natürlich. Aus dem alten Kuhstall da oben wurde ein Schokoladen-Theater. Wir haben offiziell eine Tafel Schoko am Tag gegessen und inoffiziell drei. Die zwei, die wir nicht hätten essen dürfen, die waren natürlich die besten.

War dir damals schon klar, dass dich dein Berufsweg einmal auf die Schokoladenseite bringen wird?

Bis ich 15 Jahre alt war, wollte ich Astronautin werden. Aber in unserem Unternehmen unternahmen wir durch die Bio- und Fairtrade-Umstellung schon früh Reisen zu unseren Kakaobauern. Wir haben uns gefragt: Was passiert mit der Umwelt um uns, wie können wir nachhaltiger wirtschaften? Das war für mich schon sehr faszinierend. Wir haben das als Firma immer schon so gelebt: Was uns in den Kopf kommt, das machen wir. Und diese Art von Gestaltungsspielraum hätte ich nirgendwo anders. Natürlich, wenn morgen die NASA anruft und fragt, ob ich zum Mond fliegen will: Ich würde es immer noch machen.

Hörst du im Familienbetrieb auf die Ratschläge der Eltern oder ruft das eher Trotzreaktionen hervor?

Früher war es so: Papa hat die Ideen, Mama hat das Geld. Jetzt sind wir zu viert. Mein Vater und ich sind uns ziemlich ähnlich, wir arbeiten in den meisten Sachen zusammen. Meine Mutter und ich teilen uns das Büro, mein Bruder hat das Unternehmen in eine neue Ära gebracht. Er ist unser IT- und Technik-Chef. Er kümmert sich um all die Dinge, die nichts mit Schokolade zu tun haben, aber laufen müssen. Wir sind kein Familienunternehmen, in dem die alte Generation gehen muss, wenn die nächste kommt. Wenn ich jetzt was ändern will, ändere ich es jetzt.

Lange bevor du in Shanghai das Schoko-Theater eröffnet hast, hast du schon in China gelebt. Was hat dich ins Reich der Mitte geführt?

Ein Austauschschüler-Programm, damals war ich 16. Da habe ich China auf dieser Liste gesehen und habe mir gedacht: Bruce Lee und das Land des großen roten Sterns. Ich habe nicht wirklich was über China gewusst. Es war dann wirklich eine einzigartige Erfahrung.

Auch der Aufbau des Schoko-Theaters in China?

Wir wollten ursprünglich einen Online-Shop aufbauen in China. Dann haben wir uns Shop- und Verkostungskonzepte überlegt und wie wir halt so sind, ist das immer größer geworden. Damals haben wir uns gedacht, in einem Jahr ist alles fertig. Im Endeffekt war ich sechs Jahre lang drüben.

Du hast einmal gesagt, der coolste Moment sei jener, wenn du eine verrückte Idee für eine neue Schokolade in den Raum wirfst und die Frage zurückkommt: Wer soll denn das essen?

Wir haben jedes Jahr 100 neue Rezeptideen auf der Liste, die könnten wir nie alle auf einmal einführen. Deshalb überlegen wir, was würde heuer ins Sortiment passen, bekommen wir die Zutaten dafür? Dann probieren wir und entscheiden, was kommt rein und was fliegt raus aus dem Sortiment. Die Idee zu meiner Lieblingsschokolade, Algen-Karamell, war eine von denen, wo viele von uns gesagt haben, wer soll das essen?

Wie bekommt man den richtigen Riecher für den Erfolg und dafür, was die Menschen essen wollen?

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Julia Zotter im 5komma5sinne-Interview - photo credit: René Strasserphoto credit: René Strasser