Josef Zotter spricht im LEADERSNET-Interview u.a. über schräge Geschmackskreationen, Experimentierfreude sowie seine Engagements für faire Bezahlung der Kakaobauern und Umweltschutz. Zudem erklärt der Chocolatier, wieso er nach der Insolvenz seiner Konditorei und Kaffeehäuser den Kopf nicht in den Sand gesteckt hat, was es mit dem Ideenfriedhof auf sich hat und weshalb er nicht nach Kundenwünschen fragt.Erschienen am 22. November 2023. Text: Bernhard Führer
LEADERSNET:Sehr geehrter Herr Zotter, erzählen Sie uns Ihren Hintergrund. Wie sind Sie aufgewachsen, wie haben Ihre Kindheit und Ihr Aufwachsen Ihren Weg als Unternehmer beeinflusst und was hat Sie geprägt?
Josef Zotter: Ich bin in Bergl bei Riegersburg aufgewachsen. Meine Eltern hatten hier eine kleine Landwirtschaft und ein Gasthaus. Arbeit gab es genug und nach der Schule musste ich mit anpacken, was eben gerade zu erledigen war. Gerne habe ich das nicht gemacht, ich wollte schnell weg und lieber die Welt kennenlernen. So erlernte ich den Beruf des Koch und Kellners und bin von meinem Lehrbetrieb in Söchau weiter nach Wien und bis nach New York gekommen.
LEADERSNET:Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Zotter Schokoladen zu gründen? Was war die größte Herausforderung bei der Gründung Ihres Unternehmens?
Zotter: Ich hatte mit meiner Frau Ulrike in den 1980er Jahren eine Konditorei und Kaffeehäuser betrieben. Wir sind trotz harter Arbeit in die Insolvenz geschlittert. So schnell wie wir den Betrieb aufgebaut haben, haben wir wieder abgebaut und eine Filiale nach der anderen geschlossen und 1999 war das Unternehmen saniert. Dabei haben wir von über 50 auf zwei Mitarbeiter:innen abgebaut. Danach haben wir die Konditorei beendet, sind nach Bergl gegangen, zurück zu meinen Wurzeln und haben hier neu im alten Kuhstall begonnen. Meine Eltern wollten mir die Landwirtschaft nicht übergeben, aber den Stall durfte ich umbauen. So haben wir mit der Chocolaterie begonnen. 2004 habe ich meine erste Kakaoreise nach Nicaragua unternommen und sehr schnell festgestellt, dass der Ursprung für Qualität und Geschmack einer Schokolade beim Kakaobauern beginnt und nicht in der Schokofabrik. Nur aus besten Bohnen kann gute Qualität entstehen – und deshalb muss der Kakaobauer auch sein Bestes geben. Eine faire Bezahlung ist dabei natürlich Voraussetzung.
Schnell haben wir uns zum fairen Handel bekannt und 2007, mit dem Bau des Bean-to-Bar-Werks erfolgte auch die Umstellung auf Bio. Von da an war es möglich von der Kakaobohne bis zur fertigen Tafel alle Produktionsschritte im Haus und somit den größten Einfluss auf die Qualität zu haben. Insourcing statt Outsourcing war die Devise – und wir haben nur so viel investiert, wie wir zuvor auch erwirtschaftet hatten – ohne Schulden. Die Bankdirektoren waren ja nicht mehr meine Freunde, was ja auch logisch war.
LEADERSNET:Wie würden Sie die Philosophie und die Werte, die Zotter Schokolade antreiben, beschreiben?
Zotter: Mit dem Schichtungsverfahren für die handgeschöpfte Schokolade haben wir schon in der Konditorei den Grundstein für den späteren Erfolg der Schokolade gelegt. Damit ist eine unglaubliche Vielzahl an Varianten und Geschmackskombinationen möglich. Wir haben bereits über 1.500 Rezepturen umgesetzt und das Kombinieren von Zutaten wie Käse, Fisch, Speck und anderen "schrägen" Zutaten, macht mir große Freude. Wenn man experimentieren darf, entstehen auch Innovationen und das braucht ein Unternehmen, um weiter bestehen zu können. Mittlerweile haben wir über 500 Produkte im Sortiment, beschäftigen 220 engagierte Mitarbeiter:innen, sind ganzheitlich bio-zertifiziert, Mitglied der WFTO und auch der Produktionsstandort hier in der Steiermark ist auf dem Weg zur Energieautarkie. Weil es uns eben nicht egal ist, was mit der Umwelt passiert.
LEADERSNET:Sie sind bekannt für Ihre innovativen Produkte. Wie entstehen Ihre Ideen?
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