Weniger ist irgendwie echt supergeil

Stellen wir uns einmal vor, die Wirtschaft wächst, wächst, wächst. Was ist das Ende der Fahnenstange? Ich kann es mir nicht vorstellen. Und weniger ist doch auch sexy.

Wir stehen ja auf Bad News. Die können dann gerne auch Fake News sein. Die Wirtschaft geht unter, kein Wachstum, kalte Progression, Steuerlast hier, Steueroase da. Diese schlechten und manchmal sich als falsch herausstellenden Nachrichten finden wir ja toll. Weltuntergangsstimmung verkauft sich gut. Und sie bringt uns dazu, uns auf irgendwelche „echten“ Werte zu konzentrieren: Familie, Tradition, Heimat. Ich will gar nicht ausführen, zu was das alles führt, weil das erleben wir derzeit ja leider eh in der ganzen Welt.

Ich denke mir dann immer, dass wir da einen Gegenpol brauchen. Weil wir immer mehr produzieren, wird alles immer billiger. Das ist schön für mich als Konsument, ökologisch gesehen und vor allem insgesamt eher katastrophal. Ein Beispiel: Ich kenne da einen Schweinebauern, der hat 3.000 Tiere im Jahr, ortsübliche Haltung. Das Schnitzel wird einem im Supermarkt nachgeschmissen, deswegen – raten Sie kurz einmal, was er tut! Fertig? Na, er hat noch einen Stall für 2.000 Schweine dazu gebaut, denn weil der Preis so schlecht ist muss er mehr produzieren. Absurd. Was macht er, wenn das Geld wieder knapp wird? Noch 2.000 Tiere holen? In noch unerträglicherer Haltung produzieren?

Wir brauchen eben einen neuen Weg. Die Digitalisierung, Automatisierung und sonstige Bewegungen auf der Welt werden dafür sorgen, dass sich unsere eh schon absurde Wirtschaft weiter komisch gestaltet. Schon der große Theoretiker Keynes dachte an Zyklen. Das ist sicher nicht einfach, da muss der Staat eingreifen und in Hochphasen zum Eigenkapitalaufbau zwingen beispielsweise; denn ich denke schon, dass die Wirtschaft wie ein Naturphänomen wie Tag und Nacht oder Ebbe und Flut funktioniert. Dazu braucht es dann auch flexiblere Arbeitszeitmodelle – ich arbeite, wenn die Arbeit da ist – sowie Versorgungsmodelle wie das Bedingungslose Grundeinkommen – wenn keine Arbeit da ist. Zum Staat muss sich noch die Öffentlichkeit gesellen, durch Transparenz diesen Prozess überwachen.

In diesen Phasen des Wenigers wird man dann auch merken, wie toll das sein kann. Weniger ist dann nicht nur supergeil, sondern notwendig. Denn immer mehr wird auch nicht gehen. So einfach ist das. Denn steuern wir nicht gegen, dann wird unser ganzes System in sich zusammenkrachen, wenn wir immer nur wachsen wollen.

Josef Zotter

Über: Josef Zotter

Chocolatier, Bio-Landwirt und Andersmacher. Josef Zotter ist gelernter Koch und Kellner, Konditormeister, war längere Zeit Koch und Küchenchef in verschiedenen Hotels der Luxusklasse unter anderem auch in New York. Josef Zotter ist verheiratet mit Ulrike Zotter und Vater von drei Kindern.

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