Josef Zotter im "Gespräche am Montag" Interview mit der Kleinen Zeitung, erschienen in der Print-Ausgabe vom 31. August 2020, Autor: Manfred Neuper
Mit prominenten Co-Autoren skizziert Josef Zotter in einem neuen Buch die Idee einer neuen Wirtschaft. Der Chocolatier über die "Monsterwirtschaft", die absurde Nullzinspolitik und die Grenzen des Wachstums.
In dem soeben erschienen neuen Buch, das Sie gemeinsam mit Johannes Gutmann und Robert Rogner geschrieben haben, findet sich 51 Mal der Begriff Monsterwirtschaft im Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem. Eine Wohlfühllektüre wollten Sie und Ihre Co-Autoren offensichtlich nicht vorlegen?
JOSEF ZOTTER: 51 Mal? Das ist vielleicht wirklich zu viel. Monsterwirtschaft ist grauslich, das will auch niemand. Aber das ist so etwas wie eine Warnung, denn es geht ja auch ökologisch nicht in dieser Art weiter. Den Preis für all das, was wir jetzt vernichten, indem wir Regenwälder abholzen, damit wir Soja als Tierfutter für unseren unermesslichen Fleischkonsum haben, diesen Preis wird auch jemand bezahlen müssen. Wir wollen da nicht mit dem Zeigefinger agieren, stellen uns aber schon die Frage, ob jetzt angesichts des Coronathemas alles wieder so weitergehen soll wie bisher? Wir reden ständig von Ökologisierung, von Emissionsreduktion ... ja, irgendwas werden wir tun müssen, zumindest einmal damit anfangen. Gerade jetzt wäre doch der Zeitpunkt für eine Veränderung da. Es gibt extrem viel zu tun.
Im Buch wird ein sehr spiritueller Zugang zum Thema Wirtschaft gewählt.
Aber es geht nicht um Glauben oder Esoterik. Es geht um wesentliche Fragen: Was brauchen wir? Und was brauchen wir nicht? Wir kommen mit zehn Prozent weniger auch aus, wir müssen nur einen Weg finden, wie das geht. Das ist sicherlich die größte Schwierigkeit, die Wirtschaft auf einem vertäglichen Niveau einzupendeln.
"Die kapitalistische Monsterwirtschaft schafft die Bürger allmählich ab und ersetzt sie durch Konsumenten", wird in dem Buch unter anderem ausgeführt. Sie und Ihr Unternehmen sind aber auch ganz massiv vom Konsumverhalten der Menschen abhängig ...
Ja, genau. Wir produzieren nicht Brot, Milch und Wasser, kein Grundnahrungsmittel, sondern Schokolade, das kann man auch als Luxusprodukt sehen, klar. Aber ich habe schon häufig öffentlich und zu Kunden gesagt - und das meine ich so: Esst weniger Schokolade. Aber dafür schaut's ein bissl mehr auf die Zutaten, es muss keine Zotter-Schokolade sein, darum geht's nicht, es gibt auch andere, die gute Sachen machen. Aber es geht um das Maßhalten, weg von der Überproduktion, weg von der Masse - hin zur Qualität. Mir geht es vor allem um den übermäßigen Konsum, ich meine keine Grundnahrungsmittel oder das Wohnen. Ich frage mich aber sehr wohl, ob es Flugreisen, übers Wochenende nach Barcelona, zu einem Ticketpreis von 39 Euro geben muss.
Wie gehen Sie als Chef eines gut gehenden Familienunternehmens mit 200 Mitarbeitern mit dem Thema Wachstum um?
Ich habe gelernt, dass es einfach einen Punkt gibt, ab dem es genug ist. Mehr ist dann nicht mehr nötig. Unsere Wirtschaft muss das auch lernen. Es geht nicht um ständiges wirtschaftliches Wachstum. Es geht darum, auf anderen Gebieten zu wachsen, persönlich, sozial, intellektuell. Es geht darum, als Gemeinschaft zu wachsen, an Herausforderungen und Zielen.
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photo credit: (c) Lukas Beck