Naranjillo Hochlandkaffee aus dem Amazonas Perus

Wir kletterten einen steilen Hang hinunter. Es war rutschig und nicht selten rettete mich nur ein schneller Griff nach dem Ast eines Kaffeestrauchs davor, dass ich den ganzen Hang bergab sauste. Wir waren auf der Suche nach Pablo Clemente, der hier in den Bergen unweit von Tingo Maria in 1.500 Meter Seehöhe Hochlandkaffee anbaut. Als wir Pablo schließlich gefunden hatten, war ich erstaunt, dass er jede Kaffeebohne einzeln pflücken musste, da diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten reif werden. Er hatte einen geflochtenen Korb umgebunden und diesen füllte er mit roten und gelben Bohnen. Er erzählte uns, dass er drei verschiedene Sorte anbaut: Caturra amarilla, Caturra roja und Costa Rica. Gerade die Caturrasorten wären aber von der Roya amarilla, einer aus Mittelamerika eingeschleppten Pilzkrankheit befallen und so wirft die Hälfte seiner vier Hektar großen Parzelle gerade keinen Ertrag ab. Er behandelt die Pflanzen zwar mit einer Mischung aus Kalk, Schwefel und Wasser, was die Pilze teilweise vertreibt. Außerdem hilft es, wenn er weniger Sträucher anpflanzt und dadurch die Parzelle gut durchlüftet ist. Aber noch viel effektiver ist es, die Caturrakaffeesträucher durch Catuai, Costa Rica und Gran Colombiastauden zu ersetzen, denn diese sind gegen die Roya amarilla resistent. Zum Glück, meint Pablo, unterstützt die Kooperative Naranjillo die Bauern dabei, Setzlinge zu kultivieren; um dadurch dem Vormarsch der Pilzkrankheit Einhalt zu gebieten.

Pablo Clemente Naranjillo Kaffee in PeruPablo Clemente
Pablo Clemente Naranjillo Kaffee in Peru
Kaffeebohne einzeln pflücken in PeruJede Kaffeebohne wird einzeln gepflückt
Pablo Clementes FrauPablo Clementes Frau

Wir reisten weiter zu Don Julio, der seit 25 Jahren Kaffee anbaut. Er bewirtschaftet 14 Hektar Land inmitten des Nebelregenwaldes. Davon hat er 4 Hektar Land mit Kaffeesträuchern bepflanzt. Die restliche Fläche nützt er zum Anbau von Orangen, Zitronen, Mango, Avocado, Linsen und Bohnen – sowohl für den Verkauf als auch für den Eigenverbrauch. Seine Lieblingspflanze ist jedoch der Kaffee: "Ich liebe diesen Strauch," meint er mit leuchtenden Augen "schau doch die knallroten und gelben Früchte. Ist das nicht schön?" Während wir durch seine Kaffeeparzelle spazieren, kommt er immer mehr ins Schwärmen. Zwischen den Sträuchern wachsen große Bäume, die den Kaffeestauden Schatten spenden. Dann bleibt er plötzlich stehen, ritzt mit dem Messer die Rinde eines großen Baumes ein und eine rote Flüssigkeit tritt hervor. "Das ist Sangre de grado, es ist das perfekte Mittel, um die Wundheilung zu fördern. Die Natur schenkt uns wirklich alles, was wir zum Leben brauchen. Es ist eine so große Fülle, schau nur dieser Urwald. Ist es nicht zauberhaft hier?" Als wir an einem Orangenbaum vorbeikamen pflückte er einige Früchte für uns und meinte wir sollten sie genießen. Frisch vom Baum schmeckten sie einfach wunderbar.

Don JulioDon Julio
KaffeestrauchDer Kaffeestrauch
ZitroneZitrone
AvocadoAvocado
Sangre de gradoSangre de grado

Der Hochlandkaffee wächst auf einer Meereshöhe über 1.200 Meter und wird im Zeitraum von März bis Juli geerntet. Auf einem Hektar Land gedeihen pro Ernte zwischen 700 und 1.500 kg trockene Kaffeebohnen. Die Bauern bekommen von der Cooperative Naranjillo 7,90 Soles pro Kilogramm. (Das sind ca. 2,10 Euro) Die Fairtradeprämie beträgt 500 US-Dollar pro Tonne, für biologische Ware erhalten die Bauern 300 US-Dollar mehr pro Tonne. Für die Rainforest Alliance oder UTZ Zertifizierung beträgt die Prämie 175 US-Dollar pro Tonne.

Was macht einen guten Kaffee aus? Es ist vor allem das Klima, das sich durch nicht zu viel Sonne auszeichnet. Bäume sollen Schatten spenden und nicht mehr als 70% der Sonneneinstrahlung durchlassen. Am besten eigenen sich hohe Bäume, um die Luftzirkulation in der Kaffeeparzelle nicht zu behindern. Der Boden sollte nicht zu feucht und möglichst fruchtbar sein. Am besten gedeiht der Kaffee über 1.200 Meter Seehöhe, noch besser über 1800 Meter, da die Frucht mehr Gehalt hat und einen intensiveren Geschmack aufweist. Es ist wichtig den Kaffee erst dann zu ernten wenn die Früchte ganz reif sind und während der Trocknung der Bohnen ist es entscheidend, dass diese nicht auf der Erde liegen und dabei die Feuchtigkeit des Bodens annehmen. Eine saubere Verarbeitung ist ebenfalls ein wichtiges Qualitätsmerkmal.

KaffeeschalenKaffeeschalen
Kaffee wird geschältKaffee wird geschält
Kaffeesorten testenWir testen unterschiedliche Kaffeesorten
Gregor beim Kaffeesorten testen

Abends durften Michael und ich noch dabei sein, als die Kaffeesäcke von den Bauern eingesammelt wurden. Im Centro de Acopio von Naranjillo werden die Bohnen zuerst gewaschen, dann geschält, schließlich 12 bis 30 Stunden fermentiert und dann getrocknet. Ich werde wohl nie vergessen wie wir einen holprigen Schotterweg in den Urwald hinein fuhren. Es ging immer steiler bergab, die Schlaglöcher wurden tiefer und die Vegetation schien kaum noch Raum für die Straße zu lassen. Schließlich stand im Scheinwerferlicht des Pickups einen Mann. Er trug eine gestrickte Zwergenmütze aus dem Andenhochland, hatte einen großen Kaffeesack neben sich stehen und wartete wohl schon eine halbe Ewigkeit auf uns. Doch das schien ihm nichts auszumachen, vielmehr zauberte unser Erscheinen ein Lächeln in sein Gesicht und er war sichtlich glücklich und zutiefst dankbar. Silvestre war sein Name, was soviel wie "wild" oder "wild wachsend" heißt – sein Name passte also wunderbar zu dem Ort an dem er wohnte.

Kaffeesäcke bei Nacht einsammelnDie Kaffeesäcke werden eingesammelt.
Silvestre Kaffeebauer in PeruSilvestre, der Kaffeebauer

Es war ein großes Geschenk, die Kaffeebauern von der Cooperativa Naranjillo einen Tag lang zu begleiten und zu erkennen wie viel Arbeit in einer einzigen Kaffeebohne steckt. Seither kann ich Kaffee ganz anders genießen, ja in einer Tasse sind auf einmal all die Erinnerungen von einem großartigen Tag bei den Hochlandkaffeebauern Perus verpackt – und daraus erwächst eine große Freude, Dankbarkeit und Fülle!

 

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Gregor Sieböck

Über: Gregor Sieböck

Wissenschaftler, Buchautor, Vortragender und Weltenwanderer, seit 2003 vor allem zu Fuß in der weiten Welt unterwegs. Im Rahmen der Zotter-Weltreise besucht er unsere Kakaobauern und sonstigen Lieferanten rund um den Globus.

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