Zu Besuch bei Benromach Whisky

Unterwegs zu Schottlands erster Biowhiskydestillerie

Ich packte meinen Rucksack, schwang mich auf das Fahrrad und radelte zum Bahnhof, kaufte mir ein Interrailticket und fuhr mit dem Zug los. Es zog mich in den Norden. Zuerst ging es mit dem Fährschiff nach Irland und dann weiter nach Schottland. Ich wanderte zu den uralten, zauberhaften jahrtausendealten Steinkreisen auf den äußeren Hebriden, stand am Ufer des Atlantiks, spürte die Gischt des aufgewirbelten Meerwassers auf meiner Haut und zwinkerte den Robben an der Steilküste zu. Das Gedankenkarrussel in mir wurde zunehmend ruhiger und ich genoss den Zauber des unterwegs Seins! Längst vergangene Kräfte kamen zurück und es war eine Freude, den Kräften der Natur ausgesetzt zu sein.

Fähre nach Irland
Mit dem Zug durch die schottischen Highlands
Unterwegs auf den äußeren Hebriden
Unterwegs auf den äußeren Hebriden

Zum Abschluss der Reise entschied ich mich noch für einen Abstecher in die Whiskyregion Spreyside, um Schottlands erste Biowhiskydestillerie zu besuchen.Im Jahr 1898 wurde die Benromach Destillerie in der weltberühmten Whiskyregion Spreyside östlich von Inverness gegründet. 1993 kauften die Familien Urquart of Gordon und MacPhail die damals geschlossene Benromach Destillerie in Forres/Spreyside und setzten ihre bereits seit vier Familiengenerationen praktizierte Whiskyherstellung fort. Seither wird in Benromach wieder aus dem Wasser der nahegelegenen Romachberge, lokal angebauter Gerste und Hefe einer der besten Whiskys Schottlands gebrannt.

Bis zum Aufkeimen der chemieintensiven Industrielandwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg war das Whiskybrennen immer ein natürlicher Prozess gewesen – erst danach hielten Pestizide in die schottische Landwirtschaft Einzug. Bis in die Mitte der 1960er Jahre mälzten die Whiskydestillieren der Spreysideregion in Schottland ihre eigene Gerste. Versteckt in den entlegenen Glens (Täler der schottischen Highlands) nützten sie Torf, um den Keimprozess der Gerste anzuregen. Der Rauch des Torffeuers fand sich dann im Geschmack des Whiskys wieder. Mit der Kommerzialisierung der Whiskyverarbeitung, die mit der Industrialisierung der Landwirtschaft einher ging, begann jedoch auch das industrielle Mälzen der Gerste und der rauchige Torfgeschmack im Spreyside Whisky ging verloren. Es folgten Jahre der Profitmaximierung.

Seit dem Jahr 1993 knüpft Benromach wieder an die alte Tradition an: Die neuen Eigentümer begannen die Gerste wieder selbst anzupflanzen und zu mälzen und darren sie auch wieder über dem Dorffeuer. Im Jahr 2006 folgte schließlich eine weiterer logischer Schritt: Benromach begann als erste Whiskydestillerie der Welt mit dem Brennen von Biowhisky – so wie es bis zur Industrielandwirtschaft überall auf der Welt üblich war!

Die Benromach Whiskydestillerie

Whisky ist ein Naturprodukt und setzt sich aus drei zentralen Bestandteilen zusammen: Quellwasser, Gerste und Hefe. In früheren Tagen war die Güte des Wassers der entscheidende Faktor für die Standortwahl beim Bau der Brennerei. Auch heute bewahrt Benromach die Qualität des Wassers und hütet die einstige Quelle wie einen großen Schatz. Rebecca, die mich durch die Destillerie führt erzählt mir, dass der Zufahrtsweg zur Quelle in den nahegelegenen Romachbergen durch drei Tore mit einem jeweils unterschiedlichen Zahlenschloss gesichert ist.

Die Herstellung von Whisky läuft in mehreren Schritten ab: zuerst wird das Getreide gemälzt, dann gedarrt, schließlich geschrotet, gemaischt, vergoren, destilliert und zum Schluss wird das Destillat für Jahre in Eichenfässern gelagert.

In den Eichenfässern wird der Whisky jahrelang gelagert

Beim Mälzen wird die Gerste gekeimt, um im Korn Enzyme zu bilden, die später für den Stärke- und Eiweißabbau während der Whiskyherstellung wichtig sind. Zu diesem Zweck wird die Gerste auf Tennen ausgebreitet, befeuchtet, erwärmt und dadurch zum Keimen gebracht. So erhält man Grünmalz. Anschließend wird die angekeimte Gerste gedarrt, sprich getrocknet. Dies kann mit trockener Luft oder heißem Rauch geschehen. Bei dem mit Torf befeuertem Darren (kiln) duchzieht Rauch aus dem Torffeuer das Grünmalz und verleiht ihm so einen rauchigen Geschmack. Dieser Vorgang geschieht in Gebäuden mit dem für Whiskydistillerien so typischen Pagodendach.

Vor dem Maischen wird das Getreide zu Schrot (grist) gemahlen und dann im Maischbottich mit heißem Wasser vermischt, zuerst bei 65 Grad, dann bei 75 und schließlich bei 90 Grad Celsius. In drei Zyklen wird Zucker extrahiert, um dann die zuckerreiche Flüssigkeit wieder auf 20 Grad Celsius abzukühlen. Sodann wird die entstandene Würze in den Gärtank gepumpt in dem ihr die Hefe zugesetzt wird. Nach dem Vorgang der Vergärung entsteht eine bierähnliche Flüssigkeit Mit einem Alkoholgehalt von 8 bis 9%.

Auf die Gärung im Gärtank folgt der Brennvorgang. Benromach Whisky ist Handarbeit. Die drei Brennmeister verlassen sich ganz auf ihre Sinne und entscheiden nach Gefühl, Geschmack, Geruch und auch auf die Geräusche beim Brennvorgang. Es ist bei aber weitem kein Ratespiel sondern vielmehr eine hohe Kunst ohne die Unterstützung moderne Computertechnologien einen geschmacklich herausragenden Whisky zu brennen. Natürlich ist dies ein aufwendiger Prozess und erfordert dass die Brennmeister immer aufmerksam bei der Sache sind, doch wie meint Keith, einer der Brennmeister, doch so treffend: "Manchmal braucht es die kleinen Unregelmäßigkeiten und Unstimmigkeiten, um einen rundum stimmigen Whisky zu erzeugen. Das ist eben die Kunst!"

Beim Brennvorgang durchläuft die vergorene Flüssigkeit bei 90 Grad Celsius die erste kupferne Brennblase. Hier entsteht Rohbrand. Dieser wird dann in der zweiten kupfernen Brennblase einem zweiten Brennvorgang unterworfen. Der Feinbrand wird vom Brennmeister sodann in einen Vorlauf (72 bis 75% Alkoholgehalt), einen Mittellauf (das Herzstück des Brennvorgangs; mit einem Alkoholgehalt von 62 bis 72%) und einen Nachlauf (unter 62% Alkoholgehalt) getrennt. Nur das Herzstück von ca. 30 % des gesamten Destillats wird schließlich mit einem durchschnittliche Alkoholgehalt von 63,5% in die 250 Liter fassende Eichenfässer gefüllt.

Die jahrelange Reifung in Eichenfässern ist zu einem wesentlichen Teil für den Whiskygeschmack verantwortlich. Hierbei sind die Holzart, die frühere Nutzung des Fasses, die geographische Lage des Lagerhauses, die Bauart des Lagerhauses, das Mikroklima und die Dauer der Reife wichtige Faktoren. Benromach verwendet für die 10 bis 15-jährige Reifung seines Whiskys sowohl 40% US-amerikanische Eichenfässer, in denen zuvor Bourbon Whisky gelagert wurde als auch 60% ehemalige Sherryfässer aus Spanien. Pro Jahr verdunstet über die Poren der geschlossenen Fässer etwa 0,5 bis 1,0 Prozent des Inhaltes, der sogenannte Anteil für die Engel, (Angels' share oder Angels' dram) genannt.

Im Jahr 2006 begann Benromach das erste Mal damit, an zwei Wochen des Produktionsjahres Biowhisky zu brennen. Keith, der Schwager des Geschäftsführers, baut auf seinem Land die Biogerste an und vor dem Brennen des Biowhiskys wird die gesamte Destillerie gründlichst gereinigt. Dann erfolgt der übliche Brennvorgang, um das Destillat schließlich in neuen, extra für diese Whisky angefertigten Fässern zu lagern. Das Holz dafür kommt aus US-amerikanischen Eichenwäldern und die Fässer werden in Schottland gefertigt. Es können für die Biowhisky keine Bourbon- und Sherryfässer verwendet werden, da in ihnen ja kein Biobourbon oder Biosherry gelagert wurde! Das Problem frischer Eichenfässer ist, dass in ihnen das Holzaroma noch sehr stark ausgeprägt ist. Aus diesem Grund kann der Biowhisky auch maximal 5 Jahre in den Fässern gelagert werden, da er sonst einen zu stark ausgeprägten Holzgeschmack bekäme. 2011 wurde daher bei Benromach das erste Mal Biowhisky in Flaschen abgefüllt und verkauft. War es Zufall oder gezieltes Lobbying, in jedem Fall kam Benromach eine neuartige Gesetzgebung des Landes zu Gute: denn es ist erst seit dem Jahr 2011 erlaubt, dass schottischer Whisky, der in neuen Fässern gelagert wurde (und nicht in vorher verwendeten Bourbon- oder Sherryfässern) verkauft werden darf. Benromach konnte daher 2011 mit seinem Biowhisky eine Weltneuheit anbieten! Mittlerweile gibt es von den insgesamt 108 Whiskydestillieren Schottlands zwei Destillerien (Benromach und Bruichladdich), die Biowhisky anbieten wobei Springbank gerade dabei ist, seinen Springbank Green von der British Soil Association als Biowhisky zertifizieren zu lassen. Benromachs Biowhisky erfreut sich von Jahr zu Jahr weltweit größerer Beliebtheit weshalb mittlerweile schon an fünf darauffolgenden Wochen im Jahr nur Biowhisky hergestellt wird; das sind immerhin 160 Whiskyfässer pro Jahr. Tendenz steigend! Außerdem läuft gerade ein Experiment, jene Fässer, die 2011 geleert wurden wieder zu verwenden, um zu schauen ob in ihnen der Biowhisky dann länger gelagert werden könnte bzw. welche Auswirkungen dadurch auf den Geschmack zu verzeichnen sind!

Biowhisky

Der Benromach Organic Whisky schmeckt nach Pfeffer, süßen Früchten, Toffee und Kakao. Gerade wegen letzterem ist wohl die Zotter Whiskyschokolade von einem so außergewöhnlichen Geschmack. In ihr verwendet Zotter den Highland Harvest Whisky, ein blended Whisky der Brennerei Ludwig Dwersteg aus Norddeutschland. Diese vermischt drei biologische Single Malt Whiskys von Benromach, Bruichladdich und einem Getreidewhisky zu einem blended schottischen Biowhisky. Blended Whiskys sind Mischungen verschiedener Destillate und Whiskys, die dann ein Markenprodukt bilden, dessen Geschmack immer gleich ist. Im Gegensatz dazu ändert der Single Malt Whisky je nach Jahrgang und auch Fass in dem er gelagert ständig wurde seinen Geschmack!

Zum Abschluss von meinem Besuch in Benromach servierte mir Rebecca, mein Guide durch die Destillerie, ein Glas Biowhisky und dann spazierte ich mit einem Lächeln gemütlich zum Bahnhof zurück. In Inverness stieg ich in den Caledonian Sleeper nach London und eine zauberhafte Reise ging langsam zu Ende ...

Gregor Sieböck

Über: Gregor Sieböck

Wissenschaftler, Buchautor, Vortragender und Weltenwanderer, seit 2003 vor allem zu Fuß in der weiten Welt unterwegs. Im Rahmen der Zotter-Weltreise besucht er unsere Kakaobauern und sonstigen Lieferanten rund um den Globus.

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