Andreas H. Gratze, Artdirector von Zotter, im Gespräch über Bananentiger und Pac-Man
Seit 1994 entwirfst du die Designs für Zotter, das sind bald 30 Jahre...
Andreas H. Gratze: Wir kennen uns, seitdem ich 18 bin. Sepp hatte die Idee mit der Schokolade und brauchte ein gutes Design. Auch als ich 5 Jahre in Wien und 11 Jahre in Berlin gewesen bin, hat die Zusammenarbeit und unsere Freundschaft gehalten – bis heute.
Für diese Kollektion hast du tatsächlich über 50 neue Designs in wenigen Monaten entworfen. Was inspiriert dich?
Andreas H. Gratze: Im Grunde genommen alles: Natur, Menschen, Filme. Die Misokaramell ist aus so einem asiatischen Film – eine Kampfszene mit weiten Röcken, da ist mir diese Bewegung eingefallen und die Gebrannten Mandeln sind zum Beispiel Steine in Kroatien am Strand. Und die Fruchtnougat + Duftmarzipan ist von Märchen abgeleitet, wo der Apfelkuchenduft weht, wie bei Tom & Jerry, da schwebt die Maus, wenn der Käse lockt.
Wie entstehen die Zeichnungen?
Andreas H. Gratze: Wenn ich die Ideenliste von Zotter bekomme, dann gehe ich sie durch und mache schon kleine Skizzen und Notizen. Manches muss ich recherchieren: Herkunftsland oder was dahintersteckt. Ein paar Ideen nehme ich aus meinem Skizzenbuch, viele entstehen auch während des Zeichnens, wenn ich Zitronenspalten zeichne, fällt mir plötzlich auf, was ich daraus machen kann: Die Pac-Man-Zitrone, zum Beispiel. Meine Skizzenblätter sind auch total gemischt, ich arbeite nicht Sorte für Sorte ab, sondern zeichne kreuz und quer und entwickle die Designs gleichzeitig.
Du arbeitest auf Papier?
Andreas H. Gratze: Ich zeichne auf Papier, mit Feder. Da bin ich viel schneller und flexibler, man kann zwar keine Return-Taste drücken, dafür kann man es noch einmal zeichnen, wodurch es oft besser wird oder mich auf neue Ideen bringt.
Die Zeichnungen sind alle schwarz-weiß?
Andreas H. Gratze: Genau, die scanne ich dann ein. Die Farbflächen male ich extra auch auf Papier mit Farbstiften und Markern. Die werden auch eingescannt und am Computer baue ich dann alles zusammen. Oft zeichne ich auch extra Muster und Strukturen, die ich noch in die Bilder einsetze. Das Zusammensetzen ist dann noch mehr Arbeit als das Skizzieren und Erfinden – weil es da ins Detail geht.
Die Motive sind also so vielschichtig wie die Schokoladen selbst, die auch in Schichten entstehen.
Andreas H. Gratze: Ja, ich bin sehr verspielt. Ich baue Details ein, für alle, die sich Zeit nehmen beim Betrachten, damit sie noch etwas entdecken können. Die Bilder erzählen oder erinnern vielleicht jemanden an etwas. Jeder hat andere Assoziationen. Es soll auch ein Lächeln beim Betrachter entstehen.
Wie wichtig ist Kunst für das Leben? Was kann Kunst – deine Kunst?
Andreas H. Gratze: Kunst ist wichtig für Geist und Seele und die Freiheit. Das freie Denken. Sie steht im Kontrast zum täglichen Leben, ist also auch Ablenkung. Meine Kunst ist bisserl näher bei der Unterhaltungsbranche, aber es sind nicht nur schöne Bildchen: Durch Kunst wird man auch beansprucht, sie soll inspirieren und zum Denken anregen. Das ist auch sicher gut gegen Alzheimer. (lacht)
Die Zeichnungen sind Kunstwerke im Kleinformat und die Schokolade bekommt man gratis dazu. (lacht)
Jetzt wird viel über DALL-E gesprochen, dasProgramm, das Bilder erschaffen kann. Was bedeutet Kunst im Zeitalter der KI?
Andreas H. Gratze: Ich denke, dass es weiter Künstler geben wird, was sollen die sonst machen. KI ist ein Werkzeug und es kommt darauf an, wer es benutzt. KI schwebt ja nicht herum und sagt: „Ich möchte ein Bild malen.” Jemand entscheidet, was er damit machen will. Ich nehme an, dass Künstler das Potenzial dahinter herausholen und Erstaunliches schaffen werden. Es ist ähnlich wie beim Synthesizer, viele haben damit gespielt und einige wenige Musiker haben damit großartige Musik erschaffen.
Hast du ein 10-köpfiges Team?
Andreas H. Gratze: Nein, aber für Weihnachten habe ich jetzt die Unterstützung von meinem Sohn Anouk, der auch Grafik-Designer ist und den Pralinen-Adventbaum und eine Wichtel-Schoko entworfen hat. Das hat mir die Arbeit sehr erleichtert und ich bin natürlich auch schon stolz auf ihn.
Du hast jetzt bald 30 Jahre mit Sepp zusammengearbeitet und jetzt die letzten Jahre auch mit Julia. Wie ist die Zusammenarbeit?
Andreas H. Gratze: Julia ist die neue Generation und natürlich anders. Sepp entscheidet sehr schnell, spontan und impulsiv. Julia lässt sich mehr Zeit, sie schaut viel genauer, erkennt und merkt sich auch jedes Detail im Bild.
Du beherrschst auch sehr viele unterschiedliche Stile,du bist so eine Art Stil-Chamäleon. Daran scheitert auch DALL-E, wenn es Zotter bzw. Gratze imitieren soll.
Andreas H. Gratze: Ja, ich entscheide mich erst durch die Zutaten, den Geschmack und meine Skizzen für einen Stil. Rückblickend gibt es Epochen, da erkennt man schon Stile aus den unterschiedlichen Jahren. Außerdem gibt es natürlich auch unterschiedliche Stile für Choco Lollys, die einfach niedlich und witzig sein sollen, wie ein Bananentiger, also ein Tiger in Bananenform. Bei den Labookos geht es um den Charakter der Schokolade. Deshalb habe ich mich für Figuren entschieden, für Charaktere, bei denen auch die Herkunft eine Rolle spielt. Die drunter & drüber ist in zwei Bildteile gegliedert und Farben und Früchte stehen im Vordergrund, mit ein paar Spielereien.
Als ich das Zotter-Logo entworfen habe, war der ursprüngliche Gedanke: Oben das Logo, dann ein schwarzer Bilderrahmen mit weißer Fläche, wo man reinzeichnen kann, was man will. So wie auch Zotter mit der Schokolade variiert und alles Mögliche ausprobiert, was ihm so einfällt. Das Blatt ist immer weiß, und so entsteht immer etwas Neues.